Verlegte Stolpersteine 2012
Bei den STOLPERSTEINEN muss sich die Information über das Leben der Opfer aus Platzgünden auf den Namen und wenige Daten beschränken. Daher stellt der Verein "STOLPERSTEINE für Dinslaken e.V." auf dieser Website weitere Informationen zur Verfügung. Es ist dem Verein wichtig, die Ermordeten und Überlebenden nicht nur als Opfer staatlicher Gewalt darzustellen. Sie waren Töchter und Söhne, verheiratet oder lebten allein. Sie erlernten einen Beruf oder studierten. Sie wurden in Dinslaken geboren oder kamen in diese Stadt, weil sie heirateten oder hier ihren Beruf ausüben konnten. Auch möchte diese Website den Besucher dazu anregen, den Lebensspuren der Ermordeten und Überlebenden bei Spaziergängen, Rundgängen oder Führungen weiter zu folgen. Wenn die Bewohner und Besucher unserer Stadt, vor dem eigenen Haus, in ihrer Straße oder in der belebten Einkaufsstraße STOLPERSTEINE entdecken und anfangen, Fragen zu stellen, so werden die Steine im besten Sinne ihrer Aufgabe gerecht. |
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Die Verlegung der STOLPERSTEINE durch Gunter Demnig erfolgte am 7. Februar 2012. Wir danken den Spendern.
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"Euthanasie"-Opfer | ||
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Neustr. 21
Martha Höcker, geboren am 29.3.1901 wurde am 14.9.1929 in die „Heil- und Pflegeanstalt“ Bedburg-Hau aufgenommen. Am 6.3.1940 wurde sie mit anderen Patienten in die Tötungsanstalt Grafeneck deportiert. Dort wurde sie nach Ankunft des Transports ermordet.
Quellen: Bundesarchiv Berlin, Bestand R 179. Adressbuch Dinslaken 1935.
Mitteilungen: Schriftliche Mitteilung Archiv des Landschaftsverbands Rheinland.
Literatur: Hermeler, Ludwig: Die "Euthanasie" und die späte Unschuld der Psychiater. Massenmord, Bedburg-Hau und das Geheimnis rheinischer Widerstandslegenden. Essen 2002 Stöckle, Thomas: Grafeneck 1940. Die Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland. Tübingen 2012. |
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Die jüdischen Opfer | ||
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Neustraße 7 Richard und Bertha Salmon
Bertha Salmon wurde 1895 als Tochter von Adele Gottschalk in Bonn-Endenich geboren. Ihre Mutter heiratete sechs Jahre nach der Geburt von Bertha einen Mann namens Strül und lebte mit ihm und Tochter im Rhein-Sieg-Kreis. Mutter und Stiefvater von Bertha starben beide vor 1933. Richard Salmon stammte aus einer Dinslakener Familie und wurde 1894 in Dinslaken geboren. Sein Vater war Moritz Salmon, die Mutter Emma, geboren Kapell. Die Salmons führten ein Geschäft mit Textilien und Wäsche an der Neustraße 7. Richard, der in Bonn, Berlin, Münster und Jena Rechts- und Staatswissenschaften studiert hatte und Bertha heirateten 1932 in Dinslaken – auch Richard Eltern lebten zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr. Richard Salmon wurde 1920 an der Universität Jena mit der Arbeit „Die deutschen Sparkassen im Kriege“ promoviert. Die Salmons wurden im Juni 1935 Opfer eines Dinslakeners, der die "arische" Kundschaft jüdischer Einzelhandelskaufleute in der Neustraße, damals Schlageterstraße, fotografierte. Die Fotografien waren für einige Tage im "Stürmerkasten" am Neutor zu sehen. Bis Ende 1935 führten sie das Geschäft an der Neustraße, dann flohen beide nach Essen. Vermutlich am Morgen des 10. November 1938 flohen sie von Essen in Richtung holländische Grenze, wo sie aufgegriffen wurden. Richard Salmon wurde in Polizeigewahrsam genommen und starb am 13. November 1938 in einer Gefängniszelle im Rathauses Isselburg. Bertha Salmon kehrte nach dem Tod Ihres Mannes noch einmal nach Dinslaken zurück und erreichte bei den Dinslakener Behörden ein Begräbnis auf dem völlig zerstörten jüdischen Friedhof in Dinslaken, wo bereits die Eltern und der Bruder von Richard Salmon ihre letzte Ruhe fanden. Richard Salmon durfte jedoch nicht nach den jüdischen Vorschriften beerdigt werden. Sie kehrte nach dem Begräbnis nach Essen in die Wohnung am Horst-Wessels-Platz zurück, heute wieder Rüttenscheider Platz. Am 11.9.1941 musste Bertha Salmon die Wohnung verlassen, um mit anderen Essener Juden im einem sogenannten „Judenhaus“ in der Dreilindenstr. 75 zu leben. Sie wurde nur zwei Monate später, am 10. November 1941, von Düsseldorf aus nach Minsk deportiert. Wie sie in Minsk zu Tode kam, ist bislang nicht geklärt.
Die Fotografie zeigt das Geschäft der "Geschwister Salmon" in der Neustraße 7 vermutlich 1932 oder 1933. In der Mitte des Bildes sieht man Bertha Salmon. Vielen Dank, Rose Benninghoff, für die Bearbeitung des Bildes. Copyright Fotografie: Anne Prior
Quellen: Bundesarchiv, Gedenkbuch. Standesamt Isselburg. Standesamt Bonn-Poppelsdorf. Adressbuch Dinslaken 1935. Literatur Prior, Anne: "Wo die Juden geblieben sind, ist […] nicht bekannt." Essen 2010. Prior, Anne: "Warum kauften diese Volksgenossen beim Zigarrenjuden Wolf?" In: Kramer, Nicole/Nolzen, Armin: Ungleichheiten im "Dritten Reich". Semantiken, Praktiken, Erfahrungen. Göttingen 2012. (BGNS Bd.28) Mitteilungen: Schriftliche Mitteilung Rhein-Sieg-Kreis Kreisarchiv. Schriftliche Mitteilung Stadtarchiv Isselburg. Schriftliche Mitteilung Haus der Essener Geschichte. Schriftliche Mitteilung Archiv der Universität Bonn. Schriftliche Mitteilung Archiv der Universität Jena. Mündliche Mitteilung Herr Breilmann. |
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Neustraße 35 Rosalie Moses Bertha, Johanna und Max Moses Hugo Moses
Rosalie Amalie Moses kam 1855 als ältestes Kind der Eheleute Moses Sutheim und Fanny, geborene Löwenbaum in Brakel/Kreis Höxter zur Welt. Ihre Eltern zogen 1857 nach Essen. Sie hatte noch sechs Geschwister. Am 22.5.1885 heiratete Rosalie in Essen den Lederfabrikanten Benno Moses aus Dinslaken und zog mit ihm in seine Heimatstadt. Sohn Max wurde dort 1890 geboren, Sohn Hugo 1891. Rosalie Moses war in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts Vorsitzende des Jüdischen Frauenvereins in Dinslaken. Benno Moses verstarb 1926 in Dinslaken. Seine Söhne führten das elterliche Lederwarengeschäft weiter. Bertha Moses, geborene Leven, stammte aus einer Dürener Familie und wurde dort 1899 geboren. Ihre Eltern waren der „Güter- und Immobilienmakler“ Hermann Leven und Sara, geborene Heimann aus Krauthausen bei Düren. Sie hatte noch drei Geschwister: Karl, geboren 1895, Johanna, geboren 1896 und Alfred, geboren 1902. Karl Leven wurde Kinderarzt in Düren. Bertha und Max heiraten im Mai 1931. Ihr erstes Kind, nach dem Großvater väterlicherseits Benno genannt, wurde 1934 geboren und starb bereits als Säugling. Am 20.4.1935 kam Tochter Johanna in Dinslaken zur Welt. Am Morgen des 10. 11. 1938 wurden Max Moses und sein Schwager Alfred Leven von der Dinslakener Ordnungspolizei verhaftet, zunächst in Polizeigewahrsam genommen und später in einer Gefängniszelle des Amtsgerichts Dinslaken mit 5 weiteren Männern der jüdischen Gemeinde inhaftiert. Dort wurden sie schwer misshandelt. Am 16. 11. fand ein Abtransport der Dinslakener Juden mit anderen Juden aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf nach Dachau statt, wo die Männer am 17. 11. eintrafen. Max bekam von der Kommandantur des Konzentrationslagers die Häftlingsnummer 29978, sein Schwager Alfred die Nummer 29979. Max Moses wurde am 15.12.1938 aus Dachau entlassen, sein Schwager am 10.1.1939. Seine Mutter Rosalie war zwei Wochen nach dem Pogrom am 25. 11. 1938 in Dinslaken verstorben. Die 83jährige Frau war den schrecklichen Ereignissen vom 10. 11. 1938 und den darauffolgenden Tagen offenkundig nicht gewachsen. Hugo Moses war am 15. 4. 1937 nach Venlo geflohen, wo bereits seit Dezember 1935 seine Nichte Johanna bei Verwandten wohnte. Er heiratete dort die Witwe Emilie Goudsmith, geborene Gottschalk aus Geilenkirchen. Emilie Moses starb am 5. 5. 1942 in Venlo. Hugo Moses wurde von Westerbork aus am 14.09.1943 nach Auschwitz deportiert. Am 16.9. kam der Zug mit den Deportierten aus den Niederlanden in Auschwitz an. Hugos Moses wurde nach seiner Ankunft in Auschwitz ermordet. Nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager Dachau flohen Max und Bertha am 18.2.1939 ebenfalls nach Venlo. Sie lebten in der Puteanusstraße 10. Max, Bertha und Johanna Moses wurden auf den Tag genau ein Jahr vor Hugo Moses am 14. September 1942 vom „Durchgangslager“ Westerbork aus nach Auschwitz deportiert. Bertha und Johanna Moses wurden nach der Ankunft sofort für den Tod in der Gaskammer bestimmt und starben am 17.09.1942, während die SS Max Moses für den „Arbeitseinsatz“ selektierte. Er starb noch im gleichen Jahr in Blechhammer, einem Außenlager von Auschwitz.
Quellen: Bundesarchiv, Gedenkbuch. Yad Vashem, Datenbank. Joods Monument, Datenbank. Adressbuch Dinslaken 1935. Literatur: Aschenbach, Sepp: Steine der Erinnerung. Der jüdische Friedhof in Dinslaken. Dinslaken 2006. Johannsen, Peter: Kinderarzt Karl Leven. Berlin 2005. Prior, Anne: „Wo die Juden geblieben sind, ist […] nicht bekannt.“ Essen 2010. Mitteilungen: Schriftliche Mitteilung Gedenkstätte Dachau. Schriftliche Mitteilung Haus der Geschichte Essen. |
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Neustraße 40 Amanda, Josef, Sofie und Margarete Jacob Erna Jacob Walter Jacob
Josef Jacob wurde als Sohn von Meyer Jacob 1883 in Dinslaken, seine Ehefrau Amanda als Amanda Gompertz 1896 in Hoerstgen/Moers geboren. Josef betrieb mit seinem Vetter Julius Jacob eine Viehhandlung in der Dinslakener Altstadt. Josef und Amanda bekamen zwei Töchter, die in Dinslaken geboren wurden: Sofie, geboren am 23.6.1922 und Margarete, am 16.1.1931 geboren. Die Familie wohnte in der Neustraße 40. Am 8.8.1939 floh die Familie nach Köln. Später nahm sie Zuflucht in Essen. Dort war ihre letzte Anschrift in der Kronprinzenstr. 13. In Essen mußte Tochter Sofie Zwangsarbeit leisten. Am 27. 10. 1941 wurde die Familie Jacob mit einem Transport des Reichssicherheitshauptamtes von Düsseldorf aus nach Litzmannstadt/Lodz deportiert. Die Familie lebte gemeinsam im Getto Litzmannstadt im Zimmer 9 der Gemeinschaftsunterkunft Fischstr. 15 bis zum 7.5.1942. An diesem Tag wurden sie mit anderen Gettobewohnern „ausgesiedelt“ wie es in der Sprache der deutschen Lagerverwaltung hieß und über den Bahnhof Radegast in Zügen nach Chelmno/Kulmhof gebracht. In Chelmno wurden sie am 8.5.1942 ermordet. "Nirgends in der Welt gab es eine Gemeinschaft von Menschen, die mit der des Gettos verglichen werden könnte." notierte der Chronist des Getto Litzmannstadt, Oskar Rosenfeld. Erna Jacob wurde am 22.9.1891 in Dinslaken geboren. Sie war eine ledige Kusine von Josef Jacob. Ihre Eltern waren Moritz Jacob und Helena, geborene Herz. Erna Jacob wurde 1919 als Beisitzerin in den Vorstand des „Centralvereins der Juden in Deutschland“, Ortsgruppe Dinslaken gewählt. Vermutlich nach dem Novemberpogrom floh sie nach Wiesbaden. Dort arbeitete sie als Haushaltshilfe im jüdischen Altersheim an der Geisbergstr. 24. Am 2.10.1939 meldete sie sich in Wiesbaden ab und zog wieder nach Dinslaken. Erna Jacob wurde mit ihrem Bruder Walter am 15. 6. 1942 von Düsseldorf nach Sobibor deportiert. Der Deportationszug war ursprünglich bis Izbica geplant, wurde jedoch ohne Stopp in Izbica sofort in das Vernichtungslager Sobibor geleitet. Walter Jacob wurde am 1.11.1902 in Dinslaken geboren. Er blieb wie seine Schwester Erna ledig. Er betrieb mit seinen Brüdern eine Viehhandlung. Am 10.11.1938 wurde er mit anderen männlichen Juden zunächst in Polizeigewahrsam genommen und dann in das Amtsgerichtsgefängnis gebracht. Am 17.11.1938 wurde er in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert, dort erhielt er die Häftlingsnummer 29997. Er wurde am 23.2.1939 nach Dinslaken entlassen. Walter Jacob musste in den Jahren 1940/1041 Zwangsarbeit in einem Baulager in Borghorst/Steinfurt leisten. Walter Jacob wurde, anders als seine Schwester Erna, in Lublin für das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek selektiert, wo er für die Errichtung des im Aufbau befindlichen „Kriegsgefangenenlagers“ eingeteilt wurde. Walter Jacob starb am 20.7.1942 in Majdanek.
Quellen: Bundesarchiv, Gedenkbuch. Yad Vashem, Datenbank. ITS Bad Arolsen, ZNK. Wiener Library London, MF DOC 55/18/704. Adressbuch Dinslaken 1935. Hildegard Jakobs (Hrsg.) Im Getto von Litzmannstadt (Lodz). 1003 Biografien der am 27.10.1941 aus Düsseldorf Deportierten. CR-Rom, Klartext Verlag Essen 2011. Literatur: Genger, Angela/ Jakobs, Hildegard: Düsseldorf Getto Litzmannstadt. Essen 2010. Prior, Anne: „Wo die Juden geblieben sind, ist […] nicht bekannt.“ Essen 2010. Löw, Andrea: Die Erfahrung der radikalen Ungleichheit. Vom sprachlichen Umgang mit dem Gettoleben in Litzmannstadt. In: Kramer, Nicole/ Nolzen, Armin: Ungleichheiten im "Dritten Reich". Semantiken, Praktiken, Erfahrungen. Göttingen 2012. (BGNS Bd. 28) Tohermes, Kurt/ Grafen, Jürgen: Leben und Untergang der Synagogengemeinde Dinslaken. Dinslaken 1988. Mitteilungen: Schriftliche Mitteilung Frau Dr. Elisabeth Schaub, Wiesbaden. Schriftliche Mitteilung Stadtverwaltung Steinfurt. Schritliche Mitteilung Gedenkstätte Dachau. |
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Duisburger Straße 100 Leopold Strauss
Leopold Strauss wurde 1861 in Storndorf geboren, seine Ehefrau Saly (Rosalie), geborene Stern 1867. Leopold Strauss besaß als Einziger der elf Geschwister Strauß eine höhere Schulbildung und wurde zum Lehrer ausgebildet. Seine erste Stelle trat er in Battenberg/Hessen an. Seit 1887 unterrichtete er an der jüdischen Volksschule in Dinslaken, 1896 erfolgte seine Ernennung zum Rektor. Die Schule war einklassig, d.h., alle acht Schuljahre wurden in einem Raum unterrichtet. Er gehörte dem Dinslakener Stadtrat seit 1920 an, unterrichtete auch an der Berufsschule/Handelsschule und engagierte sich im städtischen Wohlfahrtsausschuss.Leopold Strauss war Mitglied der DDP. 1927 wurde er pensioniert. Er wurde von Bürgermeister Hoffmann zum „Ehrendirektor“ der Städtischen Berufsschule in Dinslaken ernannt. Ihm zu Ehren hielt der Bürgermeister 1927 eine Festrede vor dem Rat der Stadt. 1937 wurde er der letze Vorsitzende des „Centralvereins“ in Dinslaken. Die Gründung der Ortsgruppe Dinslaken des „Centralvereins“ erfolgte 1919, Strauss wurde bereits in der Gründungsversammlung in den Vorstand gewählt. Das Ehepaar Strauss bekam vier Kinder: in Battenberg wurden die Zwillinge Alfred und Siegfried (1891) sowie der dritte Sohn Richard (1893) geboren.Tochter Bertha (Bertel) kam in Dinslaken im Jahr 1900 zur Welt. Richard Strauss verstarb während des Ersten Weltkriegs 1916 auf dem Weg an die Front in Ostpreußen. Ehefrau Saly Strauß starb am 28.5.1934 und fand ihre letzte Ruhe auf dem jüdischen Friedhof in Dinslaken. Am Morgen des 10. November 1938 wurde Leopold Strauss von Jugendlichen schwer misshandelt – so wurde er u.a. mit Ziegelsteinen beworfen. Seine Wohnung war nach dem Überfall vollkommen verwüstet. Er wurde, wie die anderen jüdischen Gemeindemitglieder auch, in der jüdischen Schule Dinslakens, in der er jahrzehntelang unterrichtet hatte, zwangsinterniert. Leopold Strauss´ Verletzungen waren so schwerwiegend, dass er in ein Dinslakener Krankenhaus eingeliefert werden musste, wo ihn seine Schwiegertochter Regina und seine Enkelin Marianne, die aus Sorge um den Großvater aus Essen angereist kamen, am nächsten Tag vorfanden. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus kehrte er nicht mehr in seine zerstörte Wohnung zurück, sondern zog zu seinem Sohn Alfred und Schwiegertochter Lore nach Essen in die Hufelandstraße 23. Nach dem Überfall litt Leopold Strauss an einer beginnenden Demenz. Er verstarb am 15. 6. 1939 in Essen. Einzig die Enkel René Wolf und Marianne Strauss/Ellenbogen überlebten den Völkermord – seine Kinder Alfred, Siegfried und Bertha sowie die Schwiegertöchter Lore und Regina und Schwiegersohn Ferdinand Wolf wurden ermordet.
Wir danken dem Berufskolleg Dinslaken für das große Engagement bei der Verlegung des STOLPERSTEINS für Leopold Strauss und für die Übernahme der Patenschaft.
Quellen: Bundesarchiv, Gedenkbuch. Yad Vashem, Datenbank. Wiener Library London, MF DOC 55/18/704. Adressbuch Dinslaken 1935. Literatur: Prior, Anne: „Wo die Juden geblieben sind, ist […] nicht bekannt.“ Essen 2010. Roseman, Mark: In einem unbewachten Augenblick. Eine Frau überlebt im Untergrund. Berlin 2002. 1200 Jahre Battenfeld. Eine Dorfchronik. 1978. |
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Luisenstraße 120 Leopold, Rosalie, Wolfgang und Margot Jakobi
Leopold Jakobi wurde am 14.5. 1888 in Essen geboren. Mit seiner Ehefrau Cäcilie, geborene Finkenstein bekam Leopold drei Kinder: Margot wurde am 1.7.1917 in Ruhrort geboren, Ruth am 27.12.1919 ebenfalls in Ruhrort und Wolfgang Michael Jakobi schließlich am 15.5.1921 in Dinslaken. Nach dem Tod von Cäcilie heiratete Leopold Jakobi Rosalie, geborene Schwarz aus Krefeld. An der Neustraße 39 führte Leopold von 1932 bis 1938 eine „Provisionsvertretung“ und einen „Handel mit Wurstwaren“. Privat lebten sie in einer kleinen Wohnung in der Luisenstraße 120. Zwei der Kinder, Margot und Wolfgang, brachten die Jakobis im Waisenhaus in der Neustraße 43 unter. Die Tochter Ruth wohnte weiterhin bei dem Ehepaar in der Luisenstraße. Leopold Jakobi gehörte zu den Dinslakener Juden, die nach dem Pogrom am 10. November 1938 in das Konzentrationslager Dachau eingewiesen wurden. Er bekam dort die Häftlingsnummer 30111. Seinen Beruf gab Leopold Jakobi bei der Kommandantur des Konzentrationslagers mit „Arbeiter“ an. Am 12.1.1939 erfolgte seine Entlassung aus Dachau. Wolfgang und seine Schwester Margot flohen nach Köln. Wolfgang lebte dort in einem Hachschara-Heim und bereitete sich auf seine Ausreise nach Palästina vor. Von Köln aus wurden die Geschwister getrennt voneinander 1941 in das Getto Litzmannstadt /Lodz deportiert: Margot Jakobi am 22.10.1941, ihr Bruder Wolfgang am 30.10.1941. Margot wurde am 28.6.1944 in das Vernichtungslager Kulmhof verschleppt und ermordet, ihr Bruder Wolfgang starb bereits am 23.2.1943 in einem nicht näher bekanntem Arbeitslager in Posen.
"28. Juni 1944. Heute frühmorgens ging der III. Transport mit 803 Personen ab. ...Immerhin sind mit diesem Transport etwas weniger Personen gefahren als am 26. ds. Mts."
Ihr Vater und ihre Stiefmutter, Leopold und Rosalie Jakobi, wurden am 11. Dezember 1941 von Düsseldorf aus in das Getto Riga deportiert. Sie gelten als verschollen. Vermutlich überlebte Ruth Jakobi den Völkermord.
Quellen: Bundesarchiv, Gedenkbuch. Yad Vashem, Datenbank. Adressbuch Dinslaken 1935. Literatur: Letzte Tage. Die Lodzer Getto-Chonik Juni/Juli 1944. Göttingen 2004. Prior, Anne: „Wo die Juden geblieben sind, ist […] nicht bekannt.“ Essen 2010. Scheffler, Wolfgang/Schulle, Diana: Buch der Erinnerung. Die ins Baltikum deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden. Berlin 2003. Grafen, Jürgen: „Arisierung“ und „Wiedergutmachung“ in Dinslaken. In: Nationalsozialismus in Dinslaken und seine Nachwirkungen. Essen 2008. Mitteilungen: Mündliche Mitteilung EL-DE-Haus Köln. Schriftliche Mitteilung Gedenkstätte Dachau. Schriftliche Mitteilung Stadtverwaltung Dinslaken. Schriftliche Mitteilung Stadtverwaltung Kleve.
Texte: Anne Prior, 2012 |
Wolfgang Jakobi |
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